21.02.2019

EnEng_Pro – Benutzergeführtes Engineering von integrierten Energiemanagementsystemen in der Produktion

Die Integration technischer Energiemanagementsysteme (tEnMS) in die Anlagenautomatisierung bietet die Möglichkeit, den Energieverbrauch einer Produktionsanlage zu überwachen und zu gezielt zu beeinflussen.

Mit der Integration eines (tEnMS) ist jedoch ein sehr hoher Engineering-Aufwand verbunden, der viele Anlagenbetreiber abschreckt.

Es besteht also bei potenziellen industriellen Anwendern von tEnMS ein Bedarf an herstellerneutralen Lösungen für tEnMS-Komponenten, die sich ohne oder mit geringem Aufwand integrieren lassen, der aktuell vom Markt nur unzureichend gedeckt wird. Im Rahmen des Projekts „EnEng_PRO – Benutzergeführtes Engineering von integrierten Energiemanagementsystemen in der Produktion“ will die Fakultät I – Abteilung Prozessinformatik und Automatisierungstechnik deshalb in Zusammenarbeit mit der Dietz Automation & Umwelttechnik GmbH in Neukirchen als Kooperations- und Verbundpartner eine herstellerunabhängige Lösung entwickeln, die ein deutlich wirtschaftlicheres Engineering erreicht: das Software-Werkzeug „EnEng_PRO“.

Die Steigerung der Energieeffizienz in der industriellen Produktion ist ein wichtiges gesellschaftliches und politisches Ziel in der Bundesrepublik Deutschland. Ein technisches Energiemanagementsystem (tEnMS) kann einen signifikanten Beitrag zur Steigerung der Energieeffizienz in der industriellen Produktion leisten. Zum einen schafft ein tEnMS durch Messung, Speicherung, Analyse und Darstellung von Energieverbräuchen Transparenz und hilft so eventuelle Energieverschwendung aufzudecken. Des Weiteren bieten tEnMS die Möglichkeit zur Vorausprognose von Energiebedarfen. Auf der Basis derartiger Prognosen lassen sich mit dem Energieversorgungsunternehmen günstigere Konditionen aushandeln. Zuletzt existiert auch noch die Möglichkeit zur aktiven Beeinflussung der Energieaufnahme von Anlagen oder ganzen Produktionsstäten durch das tEnMS. Derartige Funktionalitäten werden Lastmanagement genannt. Durch aktives Lastmanagement können z. B. netzbelastende Lastspitzen vermieden werden. Des Weiteren bietet Lastmanagement gerade Großabnehmern von elektrischer Energie die Möglichkeit, besser auf Schwankungen im Stromnetz, die durch eine Energieerzeugung aus regenerativen Energiequellen wie Wind und Sonne hervorgerufen werden, zu reagieren. Um die Anreize zur Anschaffung eines tEnMS für industrielle Anwender noch weiter zu erhöhen, wurde die Möglichkeit zur Zertifizierung nach ISO 50001 geschaffen, welche für die Unternehmen auch steuerliche Vorteile mit sich bringt.

Heutige Produktionsumgebungen sind hoch automatisiert. Das Automatisierungssystem zur Steuerung des Produktionsstandortes ist dabei in hierarchischen Ebenen organisiert. Auf der tiefsten hierarchieebene liegen dabei einzelne Geräte, wie z. B. Elektromotoren, Pumpen, etc. Auf der Ebene darüber liegen sogenannte Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS). Bei SPSen handelt es sich um Steuereinheiten, die Messsignale direkt von den Einzelgeräten aufnehmen, diese Signale in ihren internen Programmen verarbeiten und Stellsignale generieren, die wieder an die Einzelgeräte abgegeben werden und so den Produktionsprozess beeinflussen. In der nächsthöheren Hierarchieebene über den SPSen liegen dann Überwachungs- und Visualisierungssysteme, hierüber kann maschinenbedienendes Personal Einfluss auf die Programmabläufe in den SPSen und damit auf den Produktionsprozess nehmen. In der nächsthöheren Hierarchieebene der Automatisierungstechnik liegt dann das sogenannte Fertigungsmanagementsystem (MES). Im MES laufen Signale aller SPSen in dem Produktionsstandort zusammen. Das MES übernimmt Koordinierungsaufgaben, Rezepturverwaltung, Ressourcenplanung, etc. Die einzelnen Hierarchieebenen der Automatisierungstechnik sind über Kommunikationssysteme miteinander vernetzt. Zwischen den verschiedenen Ebenen kommen heute noch unterschiedliche Kommunikationstechnologien zum Einsatz, wobei der Trend zu erkennen ist alle Ebenen der Automatisierungstechnik mit Industrial Ethernet zu vernetzen.

Ein tEnMS ist in der Systemstruktur der Automatisierungstechnik prinzipiell auf der MES-Ebene zu verorten. Allerdings benötigt ein tEnMS auch immer Systemkomponenten auf niedrigeren Ebenen der Automatisierungstechnik. So werden auf Einzelgeräteebene Messgeräte zur Energiedatenaufnahme benötigt. Auf SPS-Ebene werden Energie-SPS-Programme benötigt, die gemessene Werte aufnehmen, aufbereiten und für die tEnMS-Komponenten auf der MES-Ebene bereitstellen. Des Weiteren wird ein Kommunikationssystem für den Transport der Energiedaten benötigt. Es ist prinzipiell möglich die tEnMS-Komponenten unterhalb der MES-Ebene parallel zum Automatisierungssystem oder integriert in dieses aufzubauen. Bei parallelen Aufbau wird ein eigenes Kommunikationssystem installiert, die Energie-SPS-Programm laufen auf eigens installieren SPSen und für die Energiedatenaufnahme werden eigene Messgeräte installiert. Bei integrierten Systemaufbau werden die vorhandenen Kommunikationsstrukturen der Automatisierungstechnik für den Transport der Energiedaten verwendet. Die Energie-SPS-Programm laufen auf den bereits vorhandenen SPSen, neben den Programmen zur Prozesssteuerung. Zur Energiedatenaufnahme kommen zwar auch hier extra installierte Messgeräte zum Einsatz, es besteht aber auch die Möglichkeit Messwerte von integrierten Messstellen, z. B. aus Antriebsregelgeräten zu nutzen. Immer mehr Geräte verfügen über derartige, integrierte Messstellen.

Eine Integration von tEnMS und Automatisierungssystem bietet signifikante Vorteile gegenüber einem parallelen Systemaufbau. Zum einen muss keine extra Hardware angeschafft und installiert werden. Zum anderen eröffnen sich durch die engere Verflechtung der beiden Systeme neue Möglichkeiten: so wird z. B. der Eingriff in den Produktionsablauf, im Rahmen von Lastmanagement, deutlich vereinfacht. Trotz dieser Vorteile werden die meisten tEnMS in heutigen Produktionsanlagen parallel aufgebaut. Das größte Hemmnis industrieller Anwendet gegen ein integriertes tEnMS ist der erhöhte Engineering Aufwand, aus dem signifikant höhere Kosten entstehen. Dieser Engineering Aufwand resultiert hauptsächlich in der Erstellung der Energie-SPS-Programme und in der Konfiguration des Kommunikationssystems. Am deutschsprachigen Markt für tEnMS existiert derzeit eine Vielzahl an Systemen. Bei den meisten dieser Systeme handelt es sich um Systeme zur Speicherung, Analyse und Darstellung von Energiedaten, also um das was weiter oben als tEnMS auf MES-Ebene bezeichnet wurde. Für die tEnMS-Komponenten unterhalb der MES-Ebene gibt es auch vorgefertigte Lösungen, diese Lösungen zielen aber meist auf einen parallelen Aufbau von tEnMS und Automatisierungstechnik ab. Die wenigen Lösungen für eine Reduktion des Engineering Aufwandes für die Integration von tEnMS und Automatisierungstechnik sind stark an die Hardware der jeweiligen Herstellern gebunden und unterstützen keine Lastmanagementfunktionen.

 

Abb.: EnEng_PRO (siehe oben)

Bei industriellen Anwendern existiert also ein Bedarf nach einem tEnMS Engineering Werkzeug, welches die tEnMS Komponenten unterhalb der MES-Ebene möglichst herstellerneutral und möglichst automatisch generiert. Dieser Bedarf soll durch das Software Werkzeug EnEng_PRO, welches im Rahmen des gleichnamigen ZIM-Projektes entwickelt werden soll, gedeckt werden. Das zu entwickelnde tEnMS Engineering Werkzeug EnEng_PRO soll die benötigten Energie-SPS-Programme sowie die für die Kommunikation mit übergeordneten Systemen notwendigen Funktionen und Schnittstellen automatisch generieren. Eine SPS-Programmierung für das Energiemanagement ist nicht mehr nötig. Die Person, die diese Software bedient, leistet lediglich Konfigurationsarbeiten zur Steuerung der automatisierten Programmgenerierung mit Hilfe eines einfachen Konfigurationsdialogs. Die automatisch generierten tEnMS-Komponenten auf Steuerungsebene (Energie-SPS-Programme) sollen Funktionen zur Energiedatenerfassung und zum aktiven Lastmanagement bieten. Darüber hinaus sollen sie eine größtmögliche Herstellerunabhängigkeit aufweisen. Das ZIM-Projekt wird in Kooperation mit der Dietz Automation & Umwelttechnik GmbH in Neukirchen durchgeführt. Die Firma Dietz Automation & Umwelttechnik GmbH verfügt über eine langjährige Erfahrung als Engineering Dienstleister in der Umwelttechnik und ist hervorragend mit Anlagenbetreibern vernetzt. Als Engineering Dienstleiter und potentieller Anwender es tEnMS Engineering Werkzeuges EnEng_PRO verfügt die Dietz Automation & Umwelttechnik GmbH darüber hinaus über Wertvolle Praxiserfahrung im Umgang mit den Werkzeugen und Methoden des Computergestützten Engineering.